zum Inhalt springen

Unger, Mirjam (Regie): Rezension Maikäfer flieg

Ti moj drug – Du mein Freund

von Susanne Inden, Leona Klaas und Sarah Kosel (2018)

Schaut man den All-Age-Film „Maikäfer flieg“, der auf dem 1973 erschienenen autobiographischem Jugendbuch „Maikäfer, flieg! Mein Vater, das Kriegsende, Cohn und ich“ von Christine Nöstlinger basiert, erscheint der 2. Weltkrieg nicht nur als ein zerstörerisches Unheil, sondern auch als ein großes Abenteuer. – Denn der Film erzählt den Übergang vom Krieg zum Frieden an der Peripherie Wiens aus Sicht des ‚trotzköpfigen‘ Mädchens Christine und bringt dabei das Kunststück fertig, Teilaspekte des Krieges auch für Kinder und Jugendliche verständlich darzustellen, ohne dabei belehrend zu wirken.

Neugierig und unerschrocken stürzt sich Christl mit kindlichem Leichtmut kurz vor Kriegsende ‚mitten ins Leben‘: Während sich alle anderen im Haus verstecken, rennt sie bei Fliegeralarm nach draußen, um nichts zu verpassen und um die widersprüchliche Welt der Erwachsenen zu beobachten: Sei es die Frau, die mit dem russischen Oberfeldwebel eine Affäre eingeht, sei es der russische Soldat, der den Koch verprügelt, oder sei es der Russe, der mit seiner Kalaschnikow ein Zimmer in der Villa, in der die Familie Zuflucht gefunden hat, verwüstet. Christl ist also ein Kind im und für den Ausnahmezustand, sie sucht sich das Aufregende und das Abenteuer. Dabei stellen „unsere Russen“, wie Christl sie nennt, für sie keine oder kaum eine Bedrohung dar – mit dem Koch Cohn freundet sie sich sogar an. Ihre nonkonforme Haltung bringt sie allerdings, wie nicht anders zu erwarten, in vielerlei Konflikte mit den Erwachsenen, die selber noch nicht wissen, wie das Leben weitergehen wird…

Bemerkenswert an diesem Film ist neben seiner erzählerischen und visuellen Qualität, dass er federführend von Frauen gestaltet wurde: Regie, Produktion, Drehbuch, Romanvorlage, Kameraführung und Ausstattung lagen in den Händen von Frauen. Auch Zita Gaier, die im Film Christl verkörpert, ist trefflich besetzt. Und das gilt auch für die weiteren Darsteller*innen, darunter Krista Stadler, Heinz Marecek, Hilde Dalik sowie Konstantin Khabensky. 

Insgesamt ist „Maikäfer, flieg!“ ein bewegender Film, bei dem man sich stark mit der Protagonistin identifizieren kann. Christl lässt die Zuschauer*innen teilhaben an einem Blickwinkel auf den Krieg, den nur Kinder zu haben vermögen, der aber etwas ‚Allgemeines‘ über diesen leider viel zu häufigen ‚menschlichen Ausnahmezustand‘ verrät.