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Marlene Röder

Marlene Röder

Marlene Röder wurde 1983 in Mainz geboren. Sie wuchs in Limburg auf. Nach ihrer Ausbildung zur Glasmalerin begann sie ein Lehramtsstudium. Seit ihrem 14. Lebensjahr schreibt sie bereits Erzählungen. Ihr Erstlingswerk Im Fluss begann sie im Alter von 19 Jahren zu schreiben und stellte es Ende 2006 fertig.

1. Wie wir Ihrem Lebenslauf entnehmen konnten, schreiben Sie schon seit Ihrem 14. Lebensjahr. Was hat Sie zum Schreiben bewegt und an welcher Art Text haben Sie vor Ihrem Romandebüt gearbeitet?

Ich habe schon immer viel und gerne gelesen – sowohl tolle Bücher als auch ziemlichen Schund. Nachdem ich einmal ein besonders schlechtes Buch gelesen hatte, habe ich gedacht: „Das könnte sogar ich besser!“ Und das habe ich dann ausprobiert. Zwar habe ich immer auch Kurzgeschichten und Lyrik geschrieben, aber relativ schnell entdeckt, dass ich beim Schreiben eher ein „Langstreckenläufer“ bin. Personen und Erzählstränge über einen längeren Zeitraum zu entwickeln macht mir sehr viel Spaß. „Im Fluss“ ist bereits mein dritter Roman, wobei die beiden davor natürlich noch nicht so ausgereift waren.

2. Haben Sie schon neue Schreibprojekte in Aussicht oder konzentrieren Sie sich jetzt erstmal auf Ihr Studium?

Ich habe ein neues Romanprojekt, allerdings ist es erst zur Hälfte fertig und es muss noch viel daran rumgefeilt werden. Es ist nämlich ein Krimi und das Genre hat so seine Tücken, wie ich feststellen musste. Schreiben und Studium läuft bei mir parallel (zumindest versuche ich das!). Ganz ohne Schreiben ginge es nicht, ich bin geschichtensüchtig. Das Schreiben gehört einfach zu meinem Leben dazu.

3. Sehen Sie sich vor allem als Jugendbuchautorin oder können Sie sich auch vorstellen, für Erwachsene zu schreiben?

Ich finde das Jugendbuch sehr spannend. In dem Alter tut sich einfach wahnsinnig viel. Jugendliche setzten sich verstärkt mit den existenziellen Fragen auseinander, die bei Erwachsenen, die gefestigter sind und in ihren Alltagsroutinen stecken, manchmal mehr in den Hintergrund treten: Wer bin ich? Wo will ich hin mit meinem Leben? Weil ich von dem Alter selbst noch nicht so weit entfernt bin, kann ich mich, glaube ich, ganz gut in Probleme von Jugendlichen hineinversetzen. Außerdem finde ich es sehr schön , Lesungen in Schulen zu machen und die Reaktionen zu erleben. Jugendliche sind da oft ziemlich direkt. Aber wenn jemand, der sonst nicht viel liest, sagt, dass er unbedingt wissen will, wie der Roman weitergeht, ist das schon ein tolles Gefühl. Neulich habe ich einen Workshop mit dem ‚Jungen Literaturhaus' in Köln gemacht: Mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen, die selbst schreiben, finde ich immer besonders spannend.Aber natürlich könnte ich mir auch vorstellen, irgendwann für Erwachsene zu schreiben.

4. Wie kam es eigentlich zur Veröffentlichung von „Im Fluss“? Haben Sie sich selbst auf die Suche nach einem Verlag gemacht oder kam Ravensburger auf Sie zu und welche Rolle spielte dabei der „Hans-im-Glück-Preis“ für Jugendbuch-Nachwuchsautoren, der Ihnen von der Stadt Limburg verliehen wurde?

Der Preis war sicher eine große Hilfe, vor allem hat er mich in meinem Selbstvertrauen als Autorin sehr bestärkt. Also habe ich mir einen Ruck gegeben und bin dem Drängen meiner Familie und Freunde gefolgt, es endlich zu probieren, einen Verlag zu finden. Nach Recherchen im Internet habe ich so sechs bis acht Verlage rausgesucht, von deren Programm ich dachte, dass mein Roman da rein passen könnte. Ich habe mich informiert, wer da meine Ansprechpartner sind, nette Anschreiben verfasst und dann auf ein bisschen Glück gehofft. Das kam dann auch, in Gestalt von Frau Metzger, der Programmleiterin für das Kinder- und Jugendbuch bei Ravensburger, die meinen Roman aus einem Stapel unverlangt eingesandter Manuskripte fischte. Sie hat es mitgenommen, um es auf einer Bahnfahrt zu lesen – und es hat ihr gefallen. Daraufhin hat sie mich angerufen, und wir haben uns auf der Frankfurter Buchmesse getroffen, um über einen Vertrag zu sprechen. Frau Metzger hat sich sehr für das Projekt eingesetzt und ihre Begeisterung hat mich überzeugt, dass der Roman bei Ravensburger in den richtigen Händen ist.

5. Hat Sie die öffentliche Aufmerksamkeit nach Erscheinen des Romans überrascht und inwiefern hat sich Ihr Leben nach der Veröffentlichung verändert?

Manche Sachen sind schon witzig, zum Beispiel, dass Studierende in Wien in einem Seminar meinen Roman behandelt haben. Denen habe ich auch Interviewfragen beantwortet, obwohl ich von Germanistik vermutlich weniger Ahnung habe als sie. Auf der Frankfurter Buchmesse zwischen lauter Fachleuten zu stehen, die sich hauptberuflich mit Büchern beschäftigen und mir Komplimente über meinen Roman machen, ist auch ein seltsames Gefühl. Natürlich freue ich mich darüber, aber ich versuche auch, mich davon nicht so beeindrucken zu lassen. Schließlich habe ich jahrelang geschrieben, ohne dass sich irgendeine Socke dafür interessiert hat. Und wer weiß, ob denen mein neuer Roman auch so gut gefällt? Ab und zu mache ich Lesungen, das macht mir immer Spaß. Außerdem ist es praktisch, ich brauche meine Eltern nicht mehr anzupumpen, wenn ich in Urlaub fahren will. Der beste Nebenjob der Welt! Ansonsten hat sich mein Leben nicht sehr verändert. Die meisten Leute an meiner Uni wissen gar nicht, dass ich schreibe. Finde ich auch besser, wenn die mich erstmal so kennen lernen.

6. Bitte erzählen Sie uns etwas zur Entstehungsgeschichte des Romans. Was für ein „Schreibtyp“ sind Sie, wie haben Sie gearbeitet?

Ähm... was für ein Schreibtyp. Also , kein so furchtbar disziplinierter. Ich sitze nicht jeden Tag zu einer bestimmten Zeit vor meinem Laptop, obwohl ich das theoretisch gut fände. Praktisch schreibe ich eher in Phasen. Wenn Klausurenzeit ist, liegt das Schreiben z. B. ganz auf Eis. Dafür habe ich dann auch Phasen, in denen ich sehr viel schreibe und es mir schwer fällt, mich zu anderen Sachen aufzuraffen, die eigentlich gemacht werden müssten. Beim Schreiben von langen Texten brauche ich immer ein grobes Handlungsgerüst, an dem ich mich entlangtaste. Das gibt mir Sicherheit, dann kann ich auch spontane Einfälle einbinden und kreativ arbeiten. Das Wichtigste ist, glaube ich, sich durch diese Tiefs von „keine Lust“ und „die Geschichte ist sowieso Mist“ durchzukämpfen. Ich kenne eine Menge Leute, die gut schreiben, dieses Durchhaltevermögen haben allerdings nicht so viele. An Romanen arbeite ich ca. 2-3 Jahre.

7. In Ihrem Buch vermischen Sie Elemente des Liebes-, Fantasy-, Entwicklungs- und Gruselromans miteinander – wie würden Sie Ihr Buch selbst einstufen bzw. eingestuft haben wollen?

Ich mag keine Schubladen. Mein eigenes Leben ist schließlich auch kein Genre, sondern besteht aus vielen Facetten, die doch irgendwie ein Ganzes bilden. So ist das auch bei meinen Geschichten. Wenn man „Im Fluss“ unbedingt irgendwo einordnen will, dann finde ich Entwicklungsroman noch am besten, weil es das ist, worauf es mir am meisten ankommt: Die Veränderungen, die die Personen während der Geschichte durchmachen.

8. Die bildhafte und poetische Sprache im Zusammenhang mit Naturschilderungen hat uns sehr gefallen. Hat Sie hierfür eine bestimmte Gegend inspiriert, haben Sie viel Zeit im Freien verbracht oder haben Sie den Handlungsort am Schreibtisch entworfen?

In der Zeit meiner Ausbildung, in der der Roman entstand, habe ich in Limburg an der Lahn gelebt. Die Gegend hat mich sicherlich inspiriert. Während der Freistunden bin ich oft am Elbbach spazieren gegangen und habe die Natur beobachtet. Die Geschichte von „Im Fluss“ hat sich auf Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Glasfachschule und zurück entwickelt. Da kamen mir immer die besten Ideen. Das Schreiben selbst ist bei mir ein wenig romantischer Vorgang, manchmal kritzele ich natürlich auch auf Zettel, wenn ich plötzlich einen Einfall habe. Aber meist schreibe ich am Computer. Nix mit Parkbank im Grünen.

9. Gab es irgendwelche Vorbilder für die Protagonisten? Wie entwickelten Sie Figuren und Charaktere?

Eine Alina gehört glücklicherweise nicht zu meinem Bekanntenkreis ... Nein, meine Protagonisten sind frei erfunden. Ich konstruiere sie meist nach der Geschichte, die ich erzählen will. Es ist mir wichtig, dass die Personen widersprüchliche Seiten haben und dass sie sich mit ihren Konflikten gegenseitig herausfordern. Zum Beispiel waren Mia mit ihren Problemen, anderen zu vertrauen, und Alex, für den es das Schlimmste ist, ohne Erklärung verlassen zu werden, klar auf Crashkurs angelegt. Ich schreibe Imaginationstexte zu den Charakteren und male Diagramme, um den Überblick über die unterschiedlichen Beziehungen der Personen untereinander zu behalten. Aber richtig Leben bekommen die Protagonisten erst beim Schreiben. Wenn ich über die ersten 30 Seiten hinaus bin, kann ich einschätzen, wie sie denken und fühlen.

10. Ein gutes Jugendbuch sollte …

... mich in seine Welt entführen, in der ich mich trotzdem mit meinen Problemen und Gedanken wiederfinden kann. Es sollte mich bewegen und in Bewegung bringen.