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Titelbild
Steinkellner, Elisabeth:
Dieser wilde Ozean den wir Leben nennen
Weinhein: Beltz & Gelberg 2018
236 Seiten
13,95 €
Jugendroman ab 14 Jahre

Steinkellner, Elisabeth: Dieser wilde Ozean den wir Leben nennen

Farbe bekennen

von Katalin Jordan, Kine Aasen, Alina Walter (2018)

Die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen – eine chaotische Zeit voller aufwühlender Themen: Die Emanzipation von den Eltern, die Suche nach Abenteuern inklusive der Sexualität, das dringende Bedürfnis nach einem warmen Platz zum Wohlfühlen bei Freund*innen und Geschwistern oder auch das Erleben der ersten großen Liebe. Und was passiert, wenn in dieser Zeit auch noch das Leben voll zuschlägt? Der Plot eines Jugendromans wäre perfekt. Jedoch bricht Elisabeth Steinkellner diese Konstrukte einmal komplett und dennoch mühelos auf.

Antonia und Simon sind zwei Jugendliche, die sich zunächst nicht kennen und unterschiedliche Herausforderungen im Leben haben: Simon kann seinen Schwarm auch nach Monaten nicht vergessen und fährt auf der Suche nach ihm in eine fremde Stadt, damit seine Sehnsüchte wirklich werden – eine Flucht aus dem Alltagsgrau. Im Gegensatz dazu vermisst Antonia nach einem schlimmen Verlust das vergangene Familienglück und ein friedliches, geregeltes Leben. Die Beiden treffen auf einer Parkbank aufeinander und reden über Dinge, die sie sich bis dahin auszusprechen nicht traute. Sie betrachten als ‚fremde Vertraute‘ vergangene Geschehnisse und teilen ihre Gedanken.

Erzählungen mit abwechselnden Ich-Erzählinstanzen gibt es viele, doch „Dieser wilde Ozean den wir Leben nennen“ weiß mehr als nur zwei unterschiedliche Perspektiven darzustellen: das zunächst existierende Chaos verwebt sich zu gemeinsamen Handlungssträngen und unterstreicht damit wunderbar die inneren Zustände der Protagonist*innen.

Je länger man liest, desto mehr steigt die Neugierde. Ein zunächst grauer, schwerer Nebel gerät in Bewegung und es blitzen Funken in bunten Farben daraus hervor. Diese Szenen der ehrlichen Zuneigung und Wärme runden die Darstellung der alltäglichen und manchmal auch recht kalten Realität ab und füttern die Hoffnung der Leser*innen auf ein Happy End. Der Drang, auch noch auf die letzte Frage eine Antwort zu bekommen, nimmt rapide zu. Und Fragen gibt es von Anfang an einige!

Steinkellner stellt diese in einer flüssigen Jugendsprache, wodurch die Erzählung angenehm wirkt – oder auch erschreckend nahbar und echt. Dieser unaufgeregte Umgang mit den sensiblen Themen der Pubertät lässt diese mehr wie ein Beiwerk zu einem tieferen Komplex aussehen.

Wer einen erfrischenden wie durchdringenden Jugendroman lesen möchte, welcher das Leben in seiner Alltäglichkeit feiert, sollte diesen hier zur Hand nehmen und ‚eintauchen‘.

Diese Geschichte handelt von zwei Jugendlichen, dem ‚Sich verlieren wollen‘ und dem ‚Verloren gehen‘ im Leben. Und auch von der Akzeptanz der Realität: „Und vielleicht wird es Zeit für mich, Farbe zu bekennen. Und endlich mal der zu sein, der ich bin.“