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Haan, Linda de/Nijland, Stern:
König & König
Aus dem Niederländischen von Edmund Jacoby
Hildesheim: Gerstenberg 2001
32 S., € 12,90

Haan, Linda de (Text) und Stern Nijland (Illustration): König & König

Er sucht ihn!

von Inga Frede (2003)

Eine alte Königin ist des Regierens müde geworden und möchte in „Pension“ gehen. Deshalb fordert sie ihren Sohn mit den liebevollen Worten „Ich hab’s satt!“ dazu auf, sich endlich eine Prinzessin zu suchen. Bei Argumenten wie „Jeder Prinz in der ganzen Gegend ist verheiratet. Nur du nicht! Als ich so alt war wie du, war ich schon zweimal verheiratet!“ ist jeder Widerstand gegen die Hochzeitspläne natürlich schnell gebrochen.

Das Angebot der Prinzessinnen aus aller Welt ist enorm und reicht von der singenden Aria aus Österreich, der jonglierenden Dolly aus Texas, der lustigen, grünen Prinzessin aus Grönland bis hin zur hochgewachsenen Radschandimaschputtin aus Bombay. Da jedoch keine der vorstellig gewordenen Damen die Richtige für den Prinzen ist, ruhen nun alle Hoffnungen auf der letzten Kandidatin.

Bis zu diesem Punkt hält sich die Autorin Linda de Haan an die traditionellen Bauformen des Volksmärchens. Doch nun folgt allen Erwartungen zum Trotz nicht das Erscheinen der wunderschönen, perfekten Prinzessin, die alles zu einem guten Ende führt. Nein, nicht Prinzessin Liebegunde ist der Grund dafür, dass das Herz des Prinzen wie wild zu pochen beginnt, sondern deren Bruder Prinz Herrlich. Er ist derjenige, der die Schmetterlinge zum Fliegen bringt. Die Geschichte endet wie im Märchen üblich. Es wird ein großes Hochzeitsfest gefeiert und: „Die Prinzen gingen von nun an als König & König durchs Leben. Die alte Königin hatte endlich Zeit für sich selbst. Und alle lebten noch lange glücklich und zufrieden.“

Mit schrillen, teilweise recht gewöhnungsbedürftigen Collagen arbeitet die Illustratorin Stern Nijland. In ihre Collagen sind diverse Alltagsmaterialien eingearbeitet: Tortenspitze dient als Tischdecke, Bettdecke oder als Spitzenkragen; Federn schmücken den Pelzkragen des Prinzen und die Zeitung in der Hand der Königin besteht aus echtem Zeitungspapier. Text und Bild sind gut aufeinander abgestimmt und verstärken einander. So fliegen zum Beispiel bei den Worten „Ich hab’s satt!“ Stichworte wie „heiraten“, „Traumhochzeit“, „love“ und ähnliches aus dem Mund der Königin, so dass deren Ärger über die Ehelosigkeit ihres Sohnes auch graphisch unterstützt wird. Schade jedoch, dass nicht alle diese Wortfetzen aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt wurden.

Neben der eigentlichen Geschichte halten die Bilder viele Details bereit, die es zu entdecken gilt. Flugzeuge und Mondraketen fliegen am Himmel, die Hofkatze treibt ihr Unwesen und auch der Kammerdiener sorgt für Abwechslung. Langeweile kommt deshalb auch bei mehrmaligem Ansehen des Buches nicht auf. Trotzdem überzeugt das Buch weniger aufgrund der herausragenden künstlerischen Gestaltung als vielmehr durch die Originalität des Textes.

„König & König“ dürfte sicher nicht nur Kinder, sondern auch erwachsene Leser interessieren. Schnell unterliegt man dem Charme der respektlosen Geschichte, in der Homosexualität nicht erst problembehaftet diskutiert werden muss, sondern selbstverständlich ist. Hier wird nicht um Toleranz gebeten, sie wird vielmehr vorausgesetzt.