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Titelbild
Bönisch, Dana:
Rocktage
Köln: Kiepenheuer & Witsch 2003
(Kiwi 783)
160 S., € 6,90

Bönisch, Dana: Rocktage

Keep on rockin`

von Julia A. L. Kaminiarz (2004)

Puck hat Sehnsucht. Sehnsucht nach Rocktagen, an denen er das Leben spüren kann und Musik als „5. Element“ existiert. Bisher jedoch sind für ihn die meisten Tage trüb: „Gummispülhandschuhtage“. Tage, an denen er hofft, wirklich da zu sein und sich sein Leben nicht nur einzubilden. „Er konnte die Leute verstehen, die sich die Arme aufritzten, um zu spüren, dass sie da waren.“

Als Puck bei einer Uni-Party das Mädchen mit den „Placebo-Augen“ trifft – Augen, die etwas mit ihm taten, was er mit allen Worten, die er kannte, nicht umfassen konnte – verliebt er sich schneller als ein Fingerschnippen dauert. „Gwen war nun in Allem“. Sie hat, was er sucht: „Und ihre Turnschuhe hatten etwas zu tun mit der unerträglichen Leichtigkeit des Seins“. Eben diese Leichtigkeit ist es, die ihm fehlt, um glücklich sein zu können.

„Sweet sweet Gwendoline“ wird zur Projektionsfläche seiner Sehnsucht nach dem Leben, nach Rocktagen. Mit ihr, da ist er sich sicher, gäbe es kaum mehr Gummispülhandschuhtage. „Und alles, was in seinem benebelten Kopf Platz hatte, war eine auf Repeat gestellte Liedzeile und die vage Gewissheit, dass nur das Mädchen, das gleich wiederkommen würde, ihm weiterhelfen konnte.“

Doch all seine Versuche, die „Braut der Unendlichkeit“ für sich zu gewinnen, schlagen fehl. Gwen liebt einen Anderen. Als Puck die Aussichtslosigkeit seiner Liebe bewusst wird, stürzt er ab in die Welt ewiger Gummispülhandschuhtage.

Dana Bönisch gelingt es, die beständig-schleichende Entwicklung eines unglücklich Verliebten hinab in eine tiefe Depression ‚wertherlike’ zu inszenieren. Trotz der vorherrschend melancholischen Atmosphäre überrascht die junge Autorin in ihrem Debüt-Roman durch Wortwitz wie „zwei Tütensuppen später“ und poetische Wortkreationen: „Es tropfte Sonnentropfen aus ihren Haaren“.

Zwar benutzt sie ein altbekanntes Strickmuster – er liebt sie, aber sie ist unerreichbar, also bringt er sich um - doch schafft sie es, den sich anbahnenden Wahn des Protagonisten in neuer Form zu erzählen. Während man mit Tobias Puck durch die „leberwurstfarbene Stadt“ streift, wird man begleitet von Ash, Placebo, den Sportfreunden Stiller und manchmal hört man auch sanften Emocore im Hinterkopf klimpern. Immer ist Musik dabei, das 5. Element der Rocktage Pucks.

Auf 160 Seiten erzählt die ehemalige jetzt!-Autorin von der „Liebe in der Zeit der Maul- und Klauenseuche“, in der SMS-Kommunikation Liebesbriefe ersetzt und ein selbst gemachtes Music-Tape den Rosenstrauß. Was dabei deutlich wird, ist, dass zwar die äußere Welt mit ihrer Musik und ihren Medien stetiger Veränderung unterliegt, sich aber wohl nie etwas an der Sehnsucht nach einem Stück vom Glück oder am brennenden Schmerz einer unerwiderten Liebe verändern wird.

Die Lovestory Dana Bönischs sitzt punktgenau. Sie spiegelt die Suche und die Sehnsucht der heutigen ‚Generation Milchkaffee’ nach etwas Sinngebendem wider. Und das Leben macht nur dann Sinn, wenn man es spüren kann, am Deutlichsten, wenn es eben so richtig rockt. So keep on rockin`!

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