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Andreas Steinhöfel:
Rico, Oskar und die Tieferschatten
Carlsen 2008
224 S.
€ 12,90
Kinderbuch ab 10 Jahren

Steinhöfel, Andreas: Rico, Oskar und die Tieferschatten

Alles Bingo?!

von Anna Krumbein und Marion Wirtz (2008)

„ Klack, klack, klacker-di-klack …“. So kugeln und kullern die Bingokugeln nicht nur in der Bingotrommel, sondern auch in Frederico Dorettis Kopf herum. Ob er will oder nicht.

Frederico, kurz Rico genannt, besucht ein Förderzentrum in Berlin Kreuzberg und ist in der Dieffenbachstraße 93 zu Hause. – Wie gut, dass sie nur schnurgerade verläuft, denn ansonsten würde er sich, weil er ein „Orientierungsvermögen wie eine besoffene Brieftaube in einem Schneesturm bei Windstärke 12“ hat, ständig verlaufen. Von dort aus erkundet er seine kleine Welt, insbesondere die Wohnungen seiner Nachbarn. Mit Frau Dahling schaut er zum Beispiel gerne Liebesfilme. „Pretty Woman. Schon mal davon gehört?“ Und sie essen bei ihr Müffelchen – die besten der Welt.

Ricos Mutter, die in einem Nachtclub arbeitet und zuweilen ein lockeres Mundwerk hat, fragt ihren Sohn so manches Mal, ob sie ihn so vernachlässigt. Für Rico ist das Quatsch! Durch ihre bedingungslose Liebe schenkt die alleinerziehende, erdbeerblonde Mutter ihrem Sohn enormes Selbstbewusstsein. Als Rico dem seltsamen und hochbegabten Oskar begegnet, fragt dieser ihn naseweis: „Kann es sein, dass du ein bisschen doof bist?“ – „Ich bin ein tiefbegabtes Kind“, entgegnet Rico ihm selbstsicher. Mag sein, dass er kein Schlaumeier wie Oskar ist, aber er ist wissbegierig. So schmunzelt man über seine Erklärungen unbekannter Wörter, die er in einem Lexikon nachschlägt und die, in Merkkästchen gesetzt, im Text eingefügt sind.

Eingebettet in Ricos Tagebucheinträge wird die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft erzählt. Rico findet in Oskar einen Freund, der genauso einsam und komisch ist. Dieser wagt es nicht, ohne seinen viel zu großen Motorradhelm, der ihn vor den Gefahren des Alltags schützen soll, das Haus zu verlassen. Und das zu Recht.

In Berlin treibt der ominöse Mister 2000 sein Unwesen. Er entführt Kinder und verlangt für deren Freigabe erstaunlicherweise nur 2000 Euro, was ihm den Spitznamen ALDI-Kidnapper verschafft hat. Die beiden Jungen schlittern in das Abenteuer um die Suche nach Mister 2000. Doch alles nimmt einen ganz anderen Lauf … „Mann, Mann, Mann!“ würde Rico jetzt sagen, wenn er wüsste, dass das jüngste Entführungsopfer sein neuer Freund Oskar ist. Die spannende Kriminalgeschichte und die Entlarvung der Tieferschatten regt die Leserschaft, auch über die Erzählung hinaus, zum Miträtseln an.

Mit seinen klaren Zeichnungen verleiht der Illustrator Peter Schössow Rico und Oskar zusätzliche Authentizität und hält in kurzen Szenen entscheidende Momente fest. Das Buch von Andreas Steinhöfel lässt die Personen so sein wie sie sind – mit all ihren Fehlern und Eigenarten. „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ lebt vor allem von seiner dynamischen und witzigen Sprache, die dazu beiträgt, dass die kleinen und großen Leser Spaß bei der Lektüre haben werden.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Figuren mit Schräglage findet vor einem heute gut vorstellbaren Lebenshintergrund statt. Der Großstadtroman, der an „Emil und die Detektive“ erinnert, vermittelt, dass man trotz oder gerade wegen eines Handicaps fähig ist, besonders zu sein und, dass man mit ein wenig Courage die Aufgaben, die das Leben bereit hält, meistern kann.

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