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Titelbild
Drvenkar, Zoran:
Niemand so stark wie wir
Reinbek: Rowohlt 2001
(rororo rotfuchs 20936)
(Erstauflage 1998)
348 S., € 7,90

Drvenkar, Zoran: Niemand so stark wie wir

Samstags riecht die Luft nach Freiheit

von Nikola Hahn (2000)

Zwei Sommer und zwei Winter im Berlin der 70er Jahre. Zoran Drvenkar widmet sich in seinem autobiografisch geprägten Jugendroman „Niemand so stark wie wir“ dem Lebensabschnitt zwischen elf und zwölf Jahren und erzählt in Episoden von Freundschaft, Verliebtsein, Streit, Abenteuern, Wünschen und Enttäuschungen.

Im Mittelpunkt dieser Ich-Erzählung steht die multinationale Clique von Zoran und seinen Freunden. Zu ihrem Terrain rund um die Philippistraße gehört ein freies Rasenfeld, Austragungsort leidenschaftlicher Fußballspiele, aber auch sozialer Konflikte. Während für Eli, Zoran und Karim die Harmonie untereinander im Vordergrund steht, zögert der Anführer Adrian nicht, seine Position manchmal erschreckend kaltblütig zu verteidigen. Obwohl Zoran das erkennt, fühlt er sich seinem Freund verbunden. Dieses moralische Dilemma trägt dazu bei, dass Zoran schließlich den Mut findet, sich Auseinandersetzungen zu stellen. Die schichtspezifischen Gemeinsamkeiten, die die Clique zusammenhalten, fehlen Zorans erster Liebe, wie ihm zunehmend klar wird. Drvenkar beschreibt eine vorsichtige, kindliche, aber intensiv erlebte Nähe, die über das Küssen nicht hinausgeht. „Ihre Arme schlossen sich um mich, sie waren aber anders als die Arme des Herbstes, sie verlangten mehr.“ Getrieben von der Angst, diesen Ansprüchen nicht gewachsen zu sein, löst Zoran die Beziehung.

Der Autor unterlegt seine lebendige, dialogreiche Erzählung mit Nachdenklichkeit und einer Poesie, die Kindheit stellenweise in einem naiv-unbeschwerten Licht erscheinen lässt. Übermütiges Spiel und beklemmende Unsicherheit liegen aber so dicht beieinander, dass ein differenziertes Bild entsteht. Gefühle von Freiheit sind eng mit dem Schauplatz Charlottenburg und dessen jahreszeitlich bedingten Reizen, ob Lagerfeuer oder Rodeln, verknüpft. Zwischen Boney M. und Fix und Foxi wirkt das erinnerte Lebensgefühl dieser Zeit nicht antiquiert, sondern authentisch und nachvollziehbar.

Zoran Drvenkar ist heute 33 Jahre alt und erhielt 1999 für dieses Romandebüt den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis. Im Frühjahr 2000 folgte ein zweiter Band „Im Regen stehen“, der den Bericht aus der Philippistraße um eine Rückschau, aber auch um einen Blick auf nachfolgende Ereignisse erweitert.

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