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Leseprobe: "Der Regen in deinem Zimmer"

Wenn das Glück zurückkehrt, tue ich so, als wäre nichts. Ich werde so tun, als bemerke ich es nicht, als könnte ich darauf verzichten, wäre zur Einsicht gekommen und wende mich ab. Wenn das Glück zurückkehrt, rede ich nicht mit ihm. Ich werde einfach so tun, als sähe ich es nicht. Genau wie damals, wenn ich lernte und dich in deinem Zimmer hörte, das leise Dudeln des Radios, und mich nicht drum scherte, weil ich glaubte, es bedeute nichts. Doch das war das Glück, und ich wusste es nicht.
In der Stille ist mir manchmal, als hörte ich etwas nebenan, dann halte ich inne und lausche. Ich lege das Ohr an die Wand und warte. Auf meiner Seite nur Leere, auf deiner nur Abwesenheit. Die ewigen Sieger. Mit der Macht der unsichtbaren Dinge löschen sie mich aus.
Wenn das Glück zurückkehrt, kann es meinetwegen schreien; inzwischen weiß ich Bescheid, es macht mir nichts vor.
Als ich klein war, brachtest du mich ins Bett und ließest die Tür angelehnt. Ich hörte Nonna leise fragen: „Ist sie eingeschlafen?“, und du antwortetest: „Ja sie war müde. Sie hat heute pausenlos gespielt. Wenn es morgen schön ist, gehe ich mit ihr in den Park.“ Ich fahre mit ihr ans Meer, ich nehme sie mit. Bis ans Ende der Welt. Immer. Für immer. Stimmen aus dem Nebenzimmer. Und dann schlief ich ein. Das Glück war kein Schrei, sondern ein sachtes Murmeln. (S. 219)