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Holly-Jane Rahlens

Holly-Jane Rahlens

Holly-Jane Rahlens wuchs in Brooklyn und Queens, New York, auf. Nach einem Literatur- und Theaterstudium zog es sie in die Ferne, und seit 1972 lebt sie in Berlin. Dort arbeitete sie unter anderem als Radiomoderatorin und als Schauspielerin, sie verfasste Fernseh-Features und Hörspiele, bis 1996 mit „Becky Bernstein Goes Berlin“ ihr erster Roman erschien. Ihr drittes Buch, „Prinz William, Maximilian Minsky und ich“, erhielt 2003 den Deutschen Jugendliteraturpreis und wurde sehr erfolgreich verfilmt. Pünktlich zum 20. Jahrestag des Mauerfalls erschien „Mauerblümchen“ Das Interview mit Holly-Jane Rahlens wurde im Januar 2010 geführt.

1. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Im Q-&-A-Teil nach meinen Lesungen, stellt man mir öfters diese Frage. Eine schnelle Antwort habe ich immer parat. Drei sogar:

„Ich habe jahrelang als Journalistin gearbeitet”, sage ich, „und irgendwann hatte ich keinen Bock mehr auf die Wahrheit. Ich interessierte mich immer weniger für das, was wirklich passierte, sondern viel mehr für das, was hätte passieren können. So fing ich dann an, die Geschichten so zu schreiben, wie ich sie haben wollte.”

Manchmal antworte ich die Frage kurz und bündig mit: “Ich bin zum Schreiben gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Es ist eben passiert.” Diese Bemerkung bekommt hin und wieder mal einen Lacher – besonders in den katholischen Schulen in Bayern –, und dann gehe ich schnell rüber zur nächsten Frage.

Und dann die dritte Variation: „Ich habe immer gern gelesen. Irgendwann kapierte ich, wie es funktioniert, also wie ein Buch zusammengebaut wird, und ich dachte, ‚Hey, das kann ich auch.'”

Alle drei Antworten stimmen, sind aber nur half the story . Denn im Prinzip bin ich zum Schreiben gekommen, weil ich Menschen kannte, die meine Geschichten lesen wollten. Manche waren sogar bereit, dafür zu bezahlen. Ich hatte einen Freund, der eine Geschichte von mir las, die ich als Liebesbrief getarnt hatte, und sie toll fand. „Du musst sie unbedingt richtig aufschreiben”, sagte er. „Unbedingt.“ Ich telefonierte mit einer Hörfunk-Redakteurin, die ich kannte, die sich diese Geschichte anhörte, und sie sagte: „Ich nehme sie. Danke.” Ich hatte zu danken. Ich lernte eine Lektorin vom Verlag kennen, die sagte, „Mehr! Ich will mehr lesen.“ Ich bewarb mich dann um ein Schriftstellerstipendium, damit ich mehr schreiben konnte. Die Jury sagte, „DM 1500,- monatlich, für ein halbes Jahr.” Ich hatte einen Mann (den habe ich noch immer), der von Anfang an an mich geglaubt hat. „Ich arbeite und koche, du schreibst”, hat er mir gesagt.

Ohne sie alle hätte ich vermutlich meinen gemütlichen Job als freie Journalistin nie aufgegeben. Denn wenn man weder ein dickes Konto hat, noch ein überdimensional großes Selbstbewusstsein, braucht man Menschen, die bereit sind, einen zu unterstützen. Ohne sie läuft gar nichts.

2. Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen, wie etwa die Liebesgeschichte zwischen Molly und Mick?

Inspiration ist ein Wunder. Ich staune, wenn ich eine Idee habe, will eigentlich gar nicht so recht wissen, wo die Ideen herkommen. Aber so viel weiß ich: Alles, was ich erlebe, denke, träume, fühle, lese, nistet sich früher oder später in mein Herz, mein Gehirn, mein Knochenmark ein. Manches davon kriecht dann irgendwann einmal als Inspiration heraus.

Die Verletzung, die ich als fünfjähriges Mädchen gefühlt habe, als Iris Weinstein mich nicht zu ihrem Geburtstagfest einlud, kam möglicherweise Jahrzehnte später an die Oberfläche, und zwar als Molly Lenzfelds Mangel an Selbstwertgefühl. Das Herzklopfen, das ich als 15-jährige in der Schulcafeteria erlebt habe, als Michael Visconte an mir vorbeiging und ich den Geruch seines kölnischen Wassers „English Leather” einatmete, wurde Mick Maiers Aufregung, als er, Junge aus Ostberlin, den Duft eines Westwaschmittels an Mollys Flanellhemd roch.

Als ich „Mauerblümchen“ schrieb, wühlte ich ständig in meinen Erinnerungen, schaute immer wieder Filme aus den 1980er Jahren an, hörte stundenlang Musik der späten 1980er, blätterte in Fotobüchern, die Berlin Ende der 1980er dokumentierten. All das fand dann später seinen Platz im Buch.

Ich fuhr Mollys und Micks S- und U-Bahn-Strecke nach, ein-, zwei-, dreimal. Einmal stand ich am Bahnsteig der U2 nach Pankow, beobachtete, wie ein taubstummes Pärchen in Gebärdensprache kommunizierte. Das sah so toll aus, so eigen, die beiden waren so glücklich. Ich hab's gleich im Gehirn gespeichert, und eine Woche später fand es seinen Weg ins „Mauerblümchen.“

3. Wieviel „Holly” steckt in Molly?

Molly ist 100% Holly. Mick, übrigens, ist auch 100% Holly. Die biestige Mitropa-Kellnerin, Fritz, Mollys leicht-sperriger Vater, Leonora, Mollys wunderbare Mutter, und natürlich Mollys promiske Schwester, Gwen, und nicht zu vergessen: das Luder, Carlotta – sie alle sind auch Holly.

Ich habe übrigens den Namen „Molly” nicht ausgewählt, weil es sich wie Holly anhört. Ich haben den Namen schon immer gemocht, allerspätestens, als ich Molly Bloom aus „Ulysses” in einem Hörfeature spielte: „… and yes I said yes I will Yes.”

4. Aus welchem Grund nimmt das Bahnfahren einen so großen Stellenwert ein?

Meine Lektorin, Christiane Steen, wünschte sich einen unterhaltenden, aber auch tiefgründigen Wenderoman, zu dem junge Leute, die die Mauer nicht mehr erlebt haben, einen Zugang finden könnten, also für Leute, die heute zwischen 13 und 35 Jahre alt sind. Sie hat mich gefragt, ob ich es mir vorstellen könne, so ein Buch zu schreiben. Nach anfänglichem Zögern fand ich die Idee dann doch spannend.

Vom Anfang an wusste ich allerdings, dass es ein kurzes Buch sein würde, weil der Abgabetermin relativ nah war, ich auch andere Verpflichtungen hatte und das Buch noch übersetzt werden musste. Mehr als 150 Manuskriptseiten hätte ich in der Zeit nicht schreiben können.

Ich dachte, es wäre gut, wenn die Handlung innerhalb nur ein paar Stunden stattfindet, denn auf die Art und Weise hätte ich dann einen Rahmen, der mich bei der Stange hält, der mir also nicht erlaubt auszuarten. Eine Fahrt von Charlottenburg nach Prenzlauer Berg einschließlich Passieren der Grenze dauerte 1989 vielleicht 60-90 Minuten. Ich dachte, wenn ich noch ein paar Umwege einbaue (die Protagonisten essen im Mitropa, sie schauen sich die Läden in der Einkaufspassage am Alex an, sie verpassen einen Zug, sie fahren die Strecke zurück, weil sie was liegengelassen haben usw.), also wenn es ein paar Umwege bzw. retardierende Momente gibt, dann könnte die Geschichte sich in etwa drei bis vier Stunden abspielen. Vier Stunden Leben auf 150 Seiten. „Das geht doch!“, dachte ich.

Also eine S- und U-Bahn-Fahrt schien mir für diese Geschichte ideal. Andere Überlegungen kamen aber natürlich auch dazu:

•  Eine S- und U-Bahn-Fahrt gibt Tempo.

•  Züge sind hervorragende Orte für einen Flirt.

•  Die Berliner S- und U-Bahn im Wendemonat November war ein Ort, wo es eine irre Mischung von Kulturen und Leben gab: Ost, West, Ausländer, Journalisten, Arbeiter, Schnäppchenjäger, Grenzer, Touristen – alles mischte sich. Das ist eine schöne Kulisse, dachte ich. Schön und originell.

•  Im Berliner Untergrund hatte ich die Möglichkeit, auf ganz natürlicher Art und Weise einige DDR-Anomalien darzustellen: Geisterbahnhöfe, Mitropa-Gaststätten, Intershops, die Grenzübergangsstelle usw.

5. Warum lehnen Sie die Kapitelüberschriften an Filmtitel an? Erwarten Sie deren Erkennen bei Ihrer Leserschaft?

Molly ist ein Film-Crack. Sie kennt alles: die alten A-Klassiker wie „The Spy that Came in from the Cold“ und die B-Filme wie „Attack of the Fifty-Foot Woman”, und natürlich die Blockbuster, die 1988-89 angesagt waren, wie „When Harry Met Sally …”. Ich erwarte allerdings nicht, dass der Leser weiß, dass sich die Überschriften an Filmtitel anlehnen. Wenn das dem Leser auffällt, dann wunderbar! Aber so wichtig ist es auch wieder nicht, denn die Überschriften funktionieren auch ohne zu wissen, dass das abgewandelte Filmtitel sind.

6. Wie gestaltete sich die Arbeit mit der Übersetzerin und Lektorin, insbesondere da Sie selbst die deutsche Sprache beherrschen?

Die Arbeit an „Mauerblümchen” mit Sabine Ludwig als Übersetzerin und Christiane Steen als Lektorin war eine fruchtbare und friedliche Arbeit. Sabine und ich kennen uns seit etwa 20 Jahren, haben schon öfters zusammengearbeitet, sie kennt meinen Schreibstil, meinen Ton, vor allem kennt sie meine Stärken und meine Schwächen – und umgekehrt. Sie ist ein absoluter Profi unter den Übersetzern von Kinder- und Jugendbüchern, nimmt ihre Arbeit extrem ernst, und sie hat gute Ideen. Sehr zum Vorteil für dieses Buch war, dass Sabine nicht nur selber Autorin ist und kein Problem hatte, ihre Ideen mit einem flüssigen Stil in Worte umzusetzen, sondern auch, dass sie die Wende bewusst erlebt hatte, ihre eigene Erfahrung gut einbringen konnte, und ganz toll: Als Berlinerin kennt sie natürlich die Berliner und deren Sprachduktus. Das war wichtig für Micks Figur, aber auch für alle Nebenfiguren, sei es die Verkäuferin im Intershop oder der Zugabfertiger am Senefelder Platz.

Leider geht es nicht immer so glatt.

Seit eh und je lese ich alle Übersetzungen meiner Texte, schlage Änderungen vor und nehme sozusagen die Endfassung ab. Seit etwa 2002 überarbeite ich auch die Übersetzungen – manchmal auch stark.

Es ist natürlich für Übersetzer ein Alptraum, wenn die Autorin die Sprache beherrscht, in die übersetzt wird. Als Übersetzer steht man dann unter einem Wahnsinnsdruck, denn man weiß, dass die Autorin jedes Wort auf die Goldwaage legt. Der Übersetzer hat vielleicht Angst, als ungenauer, schlampiger, gar schlechter Übersetzer geoutet zu werden.

Das geht nicht immer gut. Manch ein Übersetzer fühlt sich in seiner Ehre beleidigt, wenn ich, die Nicht-Muttersprachlerin, ihn korrigiere oder darauf hinweise, dass man das doch anders schreiben kann. Trotzdem kann kein vernünftiger Übersetzer es mir übelnehmen, wenn ich, als Autorin, meinen Text noch genauer übersetzt haben will. Ich korrigiere nicht aus Jux und Laune, sondern weil ich das Gefühl habe, das Übersetzte entspricht nicht dem Original.

Außerdem kann es für den Übersetzer eine Bereicherung sein, wenn er so eng mit der Autorin arbeitet. Beispielsweise sieht er, wie ich mich regelrecht abkämpfe, die richtige Übersetzung zu finden. Vielleicht wird er das nächste Mal nicht so schnell zur erstbesten Übersetzung greifen, sondern auch andere Möglichkeiten überlegen. Oder er sieht, wie frei ich manchmal mit meinem eigenen Text umgehe, damit es natürlicher klingt, fließt, sich leichter liest. Wenn sich etwas nur schlecht ins Deutsche übersetzen lässt, versuche ich nicht verzweifelt, es zu übersetzen – ich schmeiße es einfach raus. I kill my darlings und ersetze sie mit etwas anderem. Das sind Freiheiten, die Übersetzer sich nicht so leicht nehmen (können) – auch wenn sie selber sehen, dass etwas nicht funktioniert.

Bei „Mauerblümchen” lief die Lektoratsarbeit folgendermaßen: Christiane Steen hat peu à peu den englischsprachigen Work-in-Progress von mir bekommen: zuerst das erste Kapitel, dann Kapitel 1-4, dann 1-8, 1-12, und schließlich 1-16. Jedes Mal hat sie vom Anfang an gelesen, kommentiert und hat's mir dann zurückgemailt. Ich habe ihre Kommentare eingearbeitet und dann weiter geschrieben. Anschließend bekam sie den Text wieder and so forth and so on . Als das Manuskript fertig war, hatte Christiane Steen es in mehreren Runden schon lektoriert.

Das weiß ich zu schätzen! Ich finde es gut, dass eine Lektorin bei der Entstehung des Buches dabei ist und am Ende jedes Wort kennt, jeden Punkt und jedes Komma. Manche Autoren geben erst das Buch weg, wenn es fertig ist, manche Lektoren wollen erst das fertige Buch lesen. Ich habe das Glück, dass Christiane Steen nicht nur so gut Englisch kann, was erlaubt, dass sie gleich loslegen kann, sondern auch Lust daran hat, an der Entstehung des Buches teilzunehmen.

Meinen von Christiane Steen fertig lektorierten englischen Text hat dann Sabine Ludwig zum Übersetzen bekommen. Als sie mit der Rohübersetzung fertig war, saßen wir, also sie und ich, ein paar Stunden zusammen, sie hatte viele Fragen, die ich dann meist beantworten konnte. Es gab ein paar schwierige Passagen, die wir auch gemeinsam übersetzten. Anschließend hat Sabine einen zweiten und, ich glaube, auch einen dritten Gang von der Übersetzung gemacht. Die fertige Übersetzung habe ich dann gelesen, Satz für Satz, und habe überarbeitet, wo notwendig. In diesem Stadium der Arbeit schaue ich kaum auf das englischsprachige Original. Ich will nicht mehr wissen, was ich schon mal geschrieben habe. Mir geht's um das, was da ist. Mein Mann hat's in diesem Stadium auch gelesen. Er las vor allem auf Hinblick meiner Überarbeitungen und hat seinen konstruktiven Senf dazugegeben. Dann bekam Christiane Steen die von mir überarbeitete deutsche Fassung, die sie dann lektorierte. Puh!

7. Welche Erfahrungen erhoffen Sie sich für die LeserInnen von „Mauerblümchen“?

Ich möchte alle Leser, egal, ob jung oder erwachsen, in eine witzige, romantische, aber auch realistische Liebesgeschichte entführen, die sie dazu bringt, auch Herzklopfen zu bekommen. Ich fände es toll, wenn der Leser das Gefühl des Verliebtseins, das Molly und Mick umhüllt, auch verspürt. Wenn die jüngeren Leser, die die Mauer nie erlebt haben, nach Lektüre des Buches mehr wissen über das geteilte Deutschland, als vor der Lektüre, dann ist das gut so. Vor allem aber sollten sie mitbekommen, dass das eine tolle Zeit war: die friedliche Revolution, der Mauerfall und die frühe Wendezeit. Es war alles so aufregend. Die Kids heute, sie wissen, dass die Deutschen keine tolle Rolle in der Geschichte des 20. Jahrhunderts gespielt haben, sie waren sogar die bad guys. Hier aber fand eine Sternstunde der deutschen Geschichte statt, worauf man ruhig stolz sein kann.

Und wenn Erwachsene das Buch lesen, hoffe ich, dass sie mitgehen können, dass sie das Gefühl haben, sie wurden in die Vergangenheit gebeamt, dass ihre eigenen Erinnerungen an diese Zeit wachgerufen werden, dass sie sagen, „Ja! So war es!”

8. Warum erscheint „Mauerblümchen” nicht in englischer Sprache?

Vielleicht denken die amerikanischen und britischen Verleger, dass ihre Jugend sich nicht für Berlin und nicht für die deutsche Geschichte interessiert. Sie mögen auch recht haben – leider. Was ich natürlich schade finde, zum einen, weil „Mauerblümchen” in erster Linie eine wunderschöne, romantische Liebesgeschichte ist, und zum anderen, weil das Buch nicht nur für Jungerwachsene gedacht ist, sondern auch für Erwachsene, die hin und wieder mal ein bisschen Geschichte vertragen können.

Und damit sind wir schon bei der nächsten Frage.

9. Im Nachwort ist die Rede davon, dass Sie das Buch mit Ihrer Lektorin als All-Age-Titel geplant haben. Erschienen ist es nun bei rotfuchs und somit bei einem KJL-Verlag. Wie beurteilen Sie die Entwicklung dieses ‚Crossover Writings', auch mit Hinblick auf „Mauerblümchen”?

Das ist natürlich ein wunder Punkt. Bist du einmal als „Jugendbuchautorin” (was von vielen Leuten auch mit Kinderbuchautorin gleichgesetzt wird) positioniert, dann ist es ungeheuer schwer, aus dieser Schublade rauszukommen – auch wenn Buchhändler oder Bibliothekare oder Kritiker der Meinung sind, dass „Mauerblümchen” auch ein Buch für Erwachsene ist. Wenn es als „Jugendbuch” vermarktet wird, tun sich alle schwer, sich umzustellen.

In den letzten Wochen und Monaten scheint aber auch mein Verlag, Rowohlt, kapiert zu haben, dass sie mit einem Buch wie „Mauerblümchen” oder beispielsweise meinem Roman „Mein kleines großes Leben” ein potentiell großes Publikum ausgrenzen, wenn sie diese Bücher (nur) bei rotfuchs herausbringen. Vielleicht gibt es dort auch bald Veränderungen.

Allgemein betrachtet, kann es sein, dass ein „All Age“-Segment sich tatsächlich im Buchhandel langsam durchsetzt. Im Moment aber charakterisiert sich dieses Segment vor allem durch die Fantasy-, Science-Fiction- und Gruselgeschichten. Sollte es sich wirklich durchsetzen, was zu begrüßen wäre, und in die literarischen und eher realistischen Genres rüberschwappen, könnten wir irgendwann bald beim Zustand wie vor fünfzig Jahren landen: Es gibt Bücher für Kinder, und es gibt Bücher für alle anderen. Das fände ich gar nicht schlecht. Einige der Bücher für „alle anderen” würden nach wie vor die Teenagerzeit behandeln – wie früher eben. Scarlet O'Hara, zum Beispiel, ist Teenager für ungefähr die Hälfte von „Vom Winde verweht.” Am Ende des Buches ist sie gerade mal 28. Jane Austens Elizabeth Bennet ist gerade 20 in „Stolz und Vorurteil,“ ihre jüngeren Schwestern, um die wichtige Handlungsstränge kreisen, sind 14 und 16. Charlotte Brontës beliebte Jane Eyre ist 18, Holden Caulfield von J. D. Salinger ist 16. Diese Figuren waren damals gut genug für erwachsene Leser. Und heute übrigens auch. Warum dann nicht auch Molly Lenzfeld und Mick Maier? Wenn J. D. Salinger, Charlotte Brontë oder Jane Austen heute schrieben, würden ihre Bücher bei Hugendubel im Regal „Mein Alltag – ab 12“ einsortiert und würden höchstwahrscheinlich weder die Leser bekommen, die sie verdienen, noch würden sie Weltklassiker.

10. Welche Projekte planen Sie?

Ich habe einer Produktionsfirma gerade die dritte Drehbuchfassung von „Wie man richtig küsst“ abgeliefert (die Adaptierung meines gleichnamigen Romans von 2005) – und hoffe, dass bald der geplante Kinofilm realisiert wird. Ich bereite ein anderes Originaldrehbuch vor – mehr wird noch nicht verraten. Und zwei Romanprojekte stehen an: die Fortsetzung von „Mauerblümchen” – da ist der Arbeitstitel „Wildflower” – und ein literarisches Buch, das in der Zukunft spielt. Nebenbei möchte ich auch 20 Kilo abnehmen.