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Titelbild
Dorothea Lachner(Text) und Stefanie Harjes (Bilder):
Saß ein Ungeheuer auf dem Dach
St. Pölten: Nilpferd in Residenz 2011
14 ungez. Bll.
€ 14,90
Ab 6 Jahren
Bilderbuch

Lachner, Dorothea (Text) und Stefanie Harjes (Illustration): Saß ein Ungeheuer auf dem Dach

Wenn zwei sich streiten … 

von Eike Pünter und Lea Schriever (2011)

„Bist du verrückt!? Das sind meine Lieblingskekse!“, rief der Hund.
„Ein Häppchen Fleisch wird dem Ungeheuer viel besser schmecken!“
„Das ist Putenleber, und die gehört mir!“ fauchte Katze.
Das Ungeheuer wurde noch größer, noch dicker …


In ihrem neuen Bilderbuch „Saß ein Ungeheuer auf dem Dach“ greifen Dorothea Lachner und Stefanie Harjes auf symbolische Gegensätze zurück, wie sie jedes Kind kennt. Ein Hund und eine Katze, das kann nicht funktionieren, sondern lässt auf Streit und Krawall schließen.

Will Katze mit ihrer Eisenbahn spielen, meckert Hund, sie solle auf die saubere Wäsche aufpassen. Sie reagiert nicht, bis er sich auf ihre Lok setzt, da wird es Katze schließlich zu bunt. Sie schnappt sich ihre Lok und verlässt trotzig das Haus. Da entdeckt sie draußen ein Ungeheuer, das es sich auf dem Dach ihres Hauses gemütlich gemacht hat. Katze will Hund warnen und vergisst ihren Ärger fürs Erste. Auch Hund ist beunruhigt von dem Monster, sodass die beiden sich überlegen, wie sie den ungebetenen Gast unbeschadet wieder loswerden können. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn selbst in der gemeinsamen Aufgabe, das Ungeheuer zu verjagen, können Hund und Katze sich nicht einigen und ecken immer wieder aneinander an. Trotz vieler Ideen, was der jeweils andere gegen das Ungeheuer unternehmen könnte, wird dieses immer größer und größer …

Dorothea Lachner und Stefanie Harjes stellen in ihrem Bilderbuch eine Streitsituation dar, wie sie wahrscheinlich jeder schon einmal erlebt hat. Das Zusammenleben Zweier verläuft bekannterweise auch nicht immer friedlich und in manchen Situationen kommt schließlich eines zum anderen, sodass man sich in einen Streit hineinsteigert. Dann kann aus einer Mücke schon mal ein Elefant werden – oder, wie in diesem Fall, aus einem kleinen ein großes Monster.

Kindern ist eine solche Eskalation bestens bekannt, kommt die Streitsituation doch tagtäglich in Kindergarten und Schule vor. Gerade deswegen dürfte es Kindern leicht fallen, sich in die Geschichte der beiden Hauptfiguren hineinzuversetzen.

Spielerisch und sensibel wird dargestellt, wie schnell sich zwei Charaktere in einen Streit hineinsteigern können, und so auf witzige Art und Weise vermittelt, wie schnell Streit eskalieren kann und welche Möglichkeiten es dagegen gibt. Das Ungeheuer symbolisiert die Uneinigkeit von Katze und Hund; je weniger die beiden sich einigen können, desto größer wird das Ungeheuer. Um die Symbolik des Monsters allerdings verstehen zu können, muss insbesondere bei jüngeren Adressaten ein symbolisches Vorverständnis vorhanden sein. Daher sollte die Altersempfehlung des Verlages, die das Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren vorschlägt, nach oben auf etwa sechs Jahre korrigiert werden.

Die klare und deutliche, gleichzeitig humorvolle Sprache ermöglicht es dennoch, dass bereits kleine Kinder in die Thematik der Streitbewältigung eingeführt und von ihr amüsiert werden. Genauso frech wie Katze und Hund miteinander umgehen, ist auch der Ton des Textes, der einen des Öfteren zum Schmunzeln bringt.

Neben seiner neckischen Sprache überzeugt das Buch vor allem durch die ausgefeilten und außergewöhnlichen Illustrationen von Stefanie Harjes. Für ihren unverwechselbaren Stil hat sie zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten, u.a. den Österreichischen Staatspreis für Illustration. Auch in „Saß ein Ungeheuer auf dem Dach“ kombiniert Harjes verschiedene Techniken wie zum Beispiel Wachsmalerei, Stempeldruck und Frottage. Charakteristisch ist ebenfalls, dass die Illustratorin Elemente verschiedener Materialien in ihre Bilder miteinfügt. So verwendet sie beispielsweise Teile von Landkarten, Servietten, Notizzetteln und Geschenkpapier. Die Zusammensetzung dieser unterschiedlichen Materialien und Techniken macht jedes der Bilder des Buches zu einer individuellen Collage, wobei jedoch nicht jedes Element bedeutungstragend ist, sondern mitunter auch einem ornamentalen Zweck dient. Der Text wird in besonderer Weise hervorgehoben, indem die Zeilen auf Papierstreifen dargeboten werden. Kleinigkeiten wie die Seitenzahlen sind unterschiedlich gestaltet und im Gesamtbild versteckt. Die filigranen Zeichnungen von Katze und Hund finden sich auf ausgefallenen Hintergründen, die wiederum zahlreiche Details zum Entdecken bieten.

Besonders authentisch und auffällig wirkt das Ungeheuer, da es wie von Kinderhand gezeichnet erscheint. Im Verlauf der Geschichte ändert es seine Gestalt und erscheint wie ein sich ausbreitender Tintenkleks. Auch Hund und Katze stechen durch ihre besondere Darstellung hervor: Beide tragen Kleidung und erinnern trotz ihrer tierischen Gestalt an menschliche Charaktere. Katze wird mit feineren Gesichtszügen dargestellt als Hund, der eher wie ein Wolf daherkommt. Somit werden die klassischen Gegensätze von Hund und Katz noch durch den Hinweis auf die stereotypen Gegensätze zwischen Mann und Frau verstärkt und Assoziationen von typisch weiblichen und männlichen Eigenschaften werden hervorgerufen.

Die Illustrationen orientieren sich an der Stimmung der Geschichte. Zu Beginn sind die Bäume rot, es kommt zu Gewitter und Regen. Als Katze und Hund sich vertragen, verändert sich auch die Umwelt. Die Bäume zeigen ein helles Grün und die Sonne strahlt. Die Illustrationen betonen damit die Veränderung, die Katze und Hund durchleben.

„Das Ungeheuer auf dem Dach“ ist ein Bilderbuch, das Kinder mit Themen wie Streitbewältigung und Freundschaft vertraut macht und das durch seine eigenwillige Gestaltung überzeugt.

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