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  • Titelbild Großansicht:
    Olten, Manuela:
    Echte Kerle
    Zürich: Bajazzo 2004
    32 S., € 12,90
  • Titelbild Großansicht:
    Könnecke, Ole:
    Anton und die Mädchen
    München u. a.: Hanser 2004
    32 S., € 10, 90

[Sammelrezension „Kleine Kerle, große Klappe“] Olten, Manuela: Echte Kerle / Könnecke, Ole: Anton und die Mädchen

Kleine Kerle, große Klappe

von Annika Jarzina (2005)

Jungen klopfen gerne starke Sprüche. Aber was steckt wirklich dahinter? Sind sie tatsächlich so stark, wie sie vorgeben? Und kann man Mädchen mit Autos beeindrucken? Zwei Bilderbücher führen vor, was echte Kerle wirklich sind.

Die Handlung von Echte Kerle ist schnell erzählt: Zwei Jungs liegen im Bett. Bevor sie einschlafen, quatschen sie über Mädchen. Außer sich vor Lachen stellen sie fest, dass „Mädchen voll langweilig“ sind: Die spielen doch eh nur mit ihren Puppen und sind Angsthasen. Haben sogar Angst vor Gespenstern. Aber halt, gibt es eigentlich Gespenster? Die eben noch lauthals lachenden Kerle werden plötzlich ganz kleinlaut und verschwinden erst mal unter der Bettdecke. Dann geben beide vor, auf Toilette zu gehen. Das nächste Bild zeigt sie jedoch im Bett der Schwester, wo sie sich krampfhaft an deren Stofftieren festkrallen ...

Die echten Kerle werden in dem Bilderbuch groß in Szene gesetzt. Dazu trägt nicht nur das ungewöhnlich große Format des Buches bei, sondern vor allem auch die Darstellung der Figuren mit ihren riesigen Köpfen und Kartoffelnasen. Mit weit aufgerissenen Mündern springen sie ausgelassen und scherzend auf ihrem Metallbett herum. Die jeweils doppelseitigen Bilder sind plakativ gestaltet und stellen eine Situation heraus. Der Bildhintergrund besteht nur aus der Tapete und dem Bettgestell, die Darstellung konzentriert sich ganz auf die Jungen. Sie sind in ihrem Bett der einzige Blickfang des Betrachters.

Echte Kerle wären keine Kerle, wenn sie nicht ihre Sprüche losließen. Aus diesem Grund malen sie sich aus, wie langweilig und ängstlich die Mädchen sind. Diese Vorstellungen setzt Olten in allein gestellten Bildern um. Allein schon durch die Farbauswahl, warme Pastellfarben, wird bewusst mit den Geschlechterstereotypen gespielt. Ein solcher Umgang mit Rollenklischees findet sich im gesamten Buch. So schläft das Mädchen in Herz-, die Jungen schlafen in Gespensterbettwäsche.

Womit wir wieder beim Thema wären: Auf der Bettwäsche machen ihnen die Gespenster noch keine Angst, aber bei der Frage nach deren Existenz versinken auch echte Kerle unter der Bettdecke. Von Bild zu Bild wird deutlicher, wie sehr sie sich fürchten. Die vormals aufgerissenen Münder werden immer kleiner, bis die Jungen dann schweigend im Bett der Schwester liegen. Trotz der stilisierten Figuren sind ihre Gesichter sehr ausdrucksstark. Die Angst ist ihnen förmlich ins Gesicht gezeichnet.

Im Kontrast zu den hellen Pastellfarben steht die in Volltönen gehaltene Schrift. Die Gestaltung der Typografie spiegelt den Stimmungswandel der Jungen wider. Wo die Schrift am Anfang noch ausgelassen die Bewegungen in den Bildern imitiert oder die Betonung einzelner Wörter vergleichsweise groß zur Schau stellt, wird sie am Ende linear und schrumpft in ihrer Größe gemeinsam mit den Mündern der Jungen bis hin zur letzten Seite, auf der gar nichts mehr geschrieben steht, sondern das Bild alleine mehr als tausend Worte spricht.

Über Geschlechterverhältnisse hat sich auch Ole Könnecke Gedanken gemacht. In dem Bilderbuch Anton und die Mädchen versucht Anton das weibliche Geschlecht auf sich aufmerksam zu machen. Er hat ein großes Auto, kann „vorwärts auf dem Bauch die Rutsche runterrutschen – mit geschlossenen Augen“ – und das größte Haus der Welt bauen. Doch den Mädchen kann er damit nicht imponieren. Erst als sein Haus zusammenbricht, nehmen die Mädchen den bitterlich weinenden Anton wahr. Sie trösten ihn mit einem Keks und lassen ihn sogar mitspielen. Und dann kommt Lukas – mit einem noch viel größeren Auto … Die Zeichnungen sind comicartig und beschränken sich in ihrer Darstellung ebenfalls auf das Wesentliche. Selbst die Sprache zeichnet sich durch einfache, kurze Sätze wie „Da kommt Anton. Anton ist toll“ aus.

Beide Bilderbücher spielen auf witzige Art und Weise mit Rollenklischees. Und obwohl die Bilderbücher einfach gestaltet sind, werden es nicht zuletzt die Erwachsenen sein, die an dem Inhalt ihren Spaß haben werden. Denn sie kennen dieses immer wieder aktuelle Thema genau.